Berlin (BVL) Die 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland durften sich ab Juli wieder über mehr Geld freuen. Im Westen steigen die Bezüge um 4,39 Prozent und im Osten um 5,86 Prozent. Doch für einige Rentner wird die Freude nur von kurzer Dauer sein. Denn für rund 100.000 Rentner mündet die Rentenerhöhung in die erstmalige Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung. Es droht damit eine Steuernachzahlung. Darauf weist der Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL) hin.
Wer allerdings Ausgaben wie Versicherungsbeiträge, Spenden oder Handwerkerleistungen vorweisen kann, kann seine Steuern an den Fiskus immerhin reduzieren oder sogar ganz vermeiden.
Der Rentenbescheid enthält keine Benachrichtigung über die Abgabepflicht. Daher erklärt der BVL, welche Wege es für Rentner und ihre Angehörigen gibt, herauszufinden, ob sie eine Steuererklärung einreichen müssen, warum sie oft keine Verspätungszuschläge fürchten müssen und was passiert, wenn die Abgabepflicht erst nach dem Tod festgestellt wird.
Eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht immer dann, wenn der sogenannte Gesamtbetrag der Einkünfte über dem Grundfreibetrag von 10.908 Euro (2022: 10.347) liegt. Diesen Gesamtbetrag auszurechnen ist für Rentner nicht ganz simpel. Denn hier fließt nur ein Teil ihrer gesetzlichen Rente ein – in Abhängigkeit von dem Jahr, in dem sie in Rente gegangen sind –, außerdem alle Nebeneinkünfte. Abgezogen werden gegebenenfalls noch Entlastungsbeträge.
Der BVL hat für den durchschnittlichen Krankenversicherungsbeitrag beispielsweise berechnet: Eine Westdeutsche, die 2005 in Rente ging, darf ab Juli eine Bruttorente von bis zu 1768 Euro pro Monat einstreichen, ohne abgabepflichtig zu sein. Ein 2022 in Rente gegangener Ostdeutscher mit einem Kind fällt hingegen schon unter die Abgabepflicht, wenn seine Bruttorente ab Juli mehr als 1340 Euro beträgt.
Bei der Berechnung helfen die der Lohnsteuerhilfevereine. Sie ermitteln im ersten Beratungsgespräch, ob der Rentner überhaupt abgabepflichtig ist.
Die Sache zu ignorieren ist dagegen keine gute Idee. Denn die Daten der gesetzlichen und privaten Rentenversicherungen werden ans Finanzamt übermittelt. Diese werden in der Regel auch zeitnah ausgewertet. Das heißt, es wird geprüft, ob der Grundfreibetrag überschritten wird. Manchmal kann diese Auswertung auch Jahre dauern. Im ungünstigen Fall fordert das Finanzamt dann Erklärungen für sieben Jahre rückwirkend an. Dann bricht oft Hektik aus. Denn für die Abgabe setzt das Finanzamt meist eine kurze Frist, in der Regel von einem Monat. Auf Antrag kann die Frist verlängert werden.
Zusätzlich ist die Suche nach Belegen beispielsweise für Handwerker- oder Gesundheitsleistungen, die steuerlich geltend gemacht werden können, mitunter schwierig, wenn eine gewisse Zeit verstrichen ist. Das trifft umso mehr zu, wenn der Rentner oder die Rentnerin bereits verstorben ist.
Nach dem Tod des Steuerpflichtigen kann die vergessene Steuererklärung auch den Erben auf die Füße fallen. Als Rechtsnachfolger können sie zu einer Steuererklärung für den oder die Tote aufgefordert werden, auch rückwirkend, und müssen die etwaigen Steuerschulden begleichen. Wird die Steuererklärung verspätet eingereicht, kann es zudem unnötig teuer werden. Der Verspätungszuschlag beträgt mindestens 25 Euro pro Monat. Bei Rentnern ohne weitere Einkünfte werden in der Regel keine Verspätungszuschläge erhoben.
Auch ohne Verspätungszuschlag fallen bei einer späten Abgabe aber immer Nachzahlungszinsen von 1,8 Prozent pro Jahr an. Für die Jahre vor 2019 liegt der Zins sogar bei sechs Prozent pro Jahr. Weniger kulant sind die Beamten, wenn beispielsweise Einnahmen aus Vermietung Tätigkeit vorliegen. Verspätungszuschlag und Nachzahlungszinsen werden hier fällig. Ob es sogar zu einer Strafe oder einem Bußgeld wegen Steuerverkürzung oder gar Steuerhinterziehung kommt, hängt von der Höhe der Steuern ab und davon, ob ein schuldhaftes Verhalten vorliegt.
Bei der Steuererklärung, der Prüfung von Steuerbescheiden und bei Einspruchsverfahren hilft der Lohnsteuerhilfeverein HILO e.V. für einen sozial gestaffelten Mitgliedsbeitrag. Beratungsstellen finden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner überall in Deutschland hier: